Ganz Europa stöhnt unter dem Hitzesommer. Mein ehemals blühender Rasen gleicht einer ausgedörrten Savanne; nur meine matt schleichenden Haustiger verhindern den Schrecken, dass ich mich plötzlich mitten in Afrika befinde. Da muss ein kluger Läufer in diesen Hitzetagen kühlen Kopf bewahren. Daher sage ich schon im Lauf des Montags die Trainingseinheit für Dienstag Abend ab: um 18 Uhr werden 35 Grad unter praller Sonne erwartet. "Also Hitzefrei!", schreibt eine Läuferin erleichtert in unsere Soziale-Medien-Gruppe. Und während bis
vor kurzem abends die Meldungen über individuelle Laufeinheiten eintrudeln, sind es jetzt fast nur frühe Morgenrunden, die gemeldet werden.
Jede Bewegung kostet Überwindung. Mein Blut fühlt sich so zäh wie ein Pudding an; wie soll es da noch Sauerstoff in die Muskeln pumpen? Also beschließe ich, heute früh mit Gerd eine Runde durch den Mörtelsteiner Wald zu walken. Da ich eh schon morgens um 7 einkaufe, hole ich ihn auf dem Rückweg ab. Er wartet in Asbach schon mit seinen Walking-Stöcken. Dann legen wir los und marschieren einigermaßen munter durch Feld und Flur, vor allem im kühleren Wald. Schon nach wenigen Schritten merken wir beide, dass das Atmen schwerer fällt als sonst, und nach ein paar Kilometern bin ich schon durchgeschwitzt, obwohl ich nicht renne. Zuhause angekommen, stellt Gerd mit einem Blick auf seine Laufuhr fest: "Heute waren wir aber langsam!" Dann gibt's erst einmal ein Glas Sprudel. Schnell stellen wir uns zum Trinken in den Schatten.
In der Zeitung gibt es ja jede Menge Ratschläge, wie man sich bei dieser Hitze verhalten soll, dass mir zusätzlich der Kopf schwirrt. Heute früh habe ich gelesen, dass man bei der Hitze keinen Alkohol trinken soll. Das muss ich gleich Gerd erzählen. Der schüttelt nur den Kopf. Dann geht er zum Parkplatz vor der Sporthalle und fährt sein Auto heim. Das hat er nämlich gestern Abend hier stehen lassen. Wir haben in meinem Garten ein paar Bier getrunken und von einem neuen Whisky gekostet...